Warum du die DJI RYZE Tello Drohne nicht kaufen solltest
Die handliche Drohne RYZE TELLO powered by DJI schneidet in vielen Tests gut ab. Weshalb du diesse kleine Drohne aber trotzdem lieber nicht kaufen solltest, erfährst du in diesem Beitrag.
Die Testberichte der DJI RYZE Tello
Liest man sich verschiedene Testberichte durch oder schaut sich Reviews auf Youtube an, kann man begeistert sein. Man hat den Eindruck, dass die knapp 100€, die das kleine Spielzeug kostet, gut investiert sind. In den Tests wird vor allem der stabile Flugzustände dank VPS hervorgehoben. Der Technologie von DJI (dem Drohnen-Marktführer) und Intel sei Dank. Tatsächlich tastet der kleine Quadrocopter den Untergrund per Infrarot ab und kann so die Flugposition einigermaßen stabil halten – vorausgesetzt der Wind macht einem keinen Strich durch die Rechnung.
Das große Aber
Jetzt kommt jedoch das große ABER. Wir haben die Tello von Ryze Robotics einige Zeit getestet. Dabei haben wir uns gefragt, für welchen Einsatzzweck der Anwender die kleine Drohne haben möchte. Wir stellen mögliche Anwendundsfälle vor:
Für Fotografen: Wie sind die Fotos der Ryze Tello?
Die technischen Daten sehen auf den ersten Blick gar nicht mal so schlecht auf: Eine Auflösung von 5 Megapixeln (2592×1936) und ein Sichtfeld (FOV) von 82,6° klingen recht vielversprechend.
Foto Praxis-Check:
Tja, was soll man sagen? Die Fotos sind bei guten Lichtverhältnissen maximal mittelprächtig. Sicher, die Ryze Tello ist leicht, klein und einigermaßen günstig und entsprechend ist natürlich auch keine High-End Kamera verbaut. Jedoch erinnert die Fotoqualität irgendwie an Handybilder von vor 10 Jahren. Die Bildqualität ist vielleicht geeignet, um Freunden und Familie mal einen Luftbild auf dem Smartphone Display zu demonstrieren.
Die Qualität reicht aber nicht aus, um entsprechende Bilder für das Fotoalbum oder gar als Posterdruck zu entwickeln. Selbst für die Verwendung im Web, also für die eigene Website oder den Instagram Account oder für die Dartsellung am PC-Monitor ist die Auflösung, die Scharfzeichnung und das Rauschverhalten meistens zu schlecht. Bei schlechten Lichtverhältnissen nimmt die Bildqualität weiter rapide ab.
Hinzu kommt, dass die Flughöhe maximal 10m beträgt. In den Einstellungen kann man zwar die maximale Höhe auf bis zu 30m erhöhen, allerdings ist der kleine Quadrocopter dann deutlich weniger stabil und man muss schon sehr gut aufpassen, dass einem die kleine Tello nicht abhanden kommt. Bei 30m Höhe funktionierte in unseren Tests die Bildübertragung zum Smartphone nicht immer zuverlässig. Wenn wir also zurück auf 10m Höhe gehen, kommt auf den Fotos der Drohnen-Look nicht richtig rüber. Dann wirken die Fotos als ob sie mit einem Smartphone älteren Baujahrs von einem kleinen Hügel aus aufgenommen wurden. Klassische Drohnenfotos aus großer Höhe sind mit der Ryze Tello by DJI nur schwer bzw. nicht zu bewerkstelligen.
Außerdem ist die Kamera fest verbaut. Man kann also ihren „Blickwinkel“ nicht verändern. Die Tello blickt immer noch vorne und leicht nach unten. Ein Gimbal zur Stabilisierung und Korrektur des Blickwinkels ist ebenfalls nicht vorhanden. Manche Drohnen können die Ausrichtung der Kamera während des Flugs verändern. Und bei anderen Drohnen lässt sich der Blickwinkel zumindest vor dem Flug anpassen. Beides ist bei der Tello nicht möglich. Somit sind Fotos mit vertikalem Blick nach unten – also typische Bilder aus der Vogelperspektive – unmöglich.
Zum Filmen: Wie sind die Videoaufnahmen der Ryze Tello?
Man kennt aus Spielfilmen und Landschafts-Dokumentationen tolle Filmaufnahmen von Drohnenflügen. Auch private Drohnen-Filme auf Youtube und anderne Portalen können durchaus beeindrucken. Wie schneidet die Ryze Tello bei Filmaufnahmen ab?
Video Praxis-Check:
Natürlich ist auch die Qualität der Filme nicht besser als die Qualität der oben genannten Fotos. Beim Filmen kommen aber noch zwei wichtige weitere problematische Aspekte hinzu:
- Die Ryze Tello speichert Fotos und Videos nicht auf einer Speicherkarte, sondern schickt sie per WLAN direkt auf das Smartphone. Bei Fotos klappt das noch einigermaßen gut. Bei Videos führen kurze Verbindungsabbrüche aber zu ungewollten Aussetzern. Diese lassen sich später auch nicht am Computer korrigieren, denn es fehlen schlichtweg entsprechende Bildinformationen im Videomaterial.
- Wir haben schon erwähnt, dass kein Gimbal vorhanden ist. Das führt dazu, dass die Videos bei Bewegung der Tello recht ruppig und verwackelt wirken. Hinzu kommt, dass die Steuerung per Smartphone nur einigermaßen grob möglich ist. Weiche Bewegungen sind kaum möglich.
Als Spielzeug: Macht die Tello Spaß?
Viele Anwender kaufen sich die Ryze Tello Drohne nicht um Fotos oder Videos zu machen, sondern um einfach nur Spaß zu haben. Der Werbefilm, mit dem Ryze Robotics die kleine Tello vorstellt macht Lust auf ein großes Flugvergnügen: Auf einer Party bekommt ein Mädchen die Ryze Tello geschenkt (oder sind es gleich mehrere) und anschließend steuern die Partygäste die kleinen Drohne durch Reifen über einen Pool und durch einen Flugparcours. Wie sieht es in der Realität aus?
Spielspaß Praxis-Check
Die Ryze Tello powered by DJI ist sehr leicht und wird deshalb schnell vom Wind davongetragen. In verschiedenen Tests wird deshalb empfohlen, die Drohne nur in der Wohnung zu fliegen. Hier muss man allerdings sehr geschickt sein. Auch im Modus „langsam“ ist die Drohen recht flott. Sie hat keinen Kollisionsschutz und falls es mal zur Kollision mit einem Möbelstück oder einer Wand kommt, schaltet die Drohne sofort aus. Dies führt unweigerlich zu einem unmittelbaren Absturz und einer unsanften Landung.
Die Steuerung per Smartphone funktioniert nach einiger Übung zwar einigermaßen gut. Allerdings wirken sich alle Steuerungseingaben erst mit einem gewissen zeitlichen Versatz aus. Die Tello reagiert also vergleichsweise träge. In engen Räumen kann das nerven. Also doch lieber draußen fliegen?
Im Freien sollte der Quadrocopter nur gestartet werden, wenn es windstill ist. Umso höher die Tello fliegt desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie von einer Windböe davongetragen wird.
Das größte Manko ist aber die kurze Flugdauer. Aufgrund des kleinen Akkus ist der Flugspaß meist schon nach wenigen Minuten vorbei. Laut Herstellerangaben sollen es 13 Minuten sein. Das können wir allerdings nicht bestätigen. In unseren Tests war meist schon nach 6-8 Minuten Schluss (die Aufnahme von Fotos oder Videos verkürzt die Flugzeit deutlich). Ein kurzer Spielspaß.
Tatsächlicher Flugspaß kann also eigentlich nur aufkommen, wenn man sich einen weiteren Akku (oder gleich mehrere) dazu bestellt. Zur besseren Steuerung sollte man auch noch über einen Bluetooth Remote Controller nachdenken. Natürlich sprechen wir dann aber gleich von einem deutlich höheren Gesamtpreis.
Für Technik-Freaks: Was fangen Kind-Gebliebene mit der Tello an?
Technik, die heute in modernen Drohnen steckt kann faszinieren. GPS, Return To Home Funktion und andere Sicherheits-Features, programmierbare Flugrouten, Virtual Reality Flüge mit VR-Brille und vieles mehr. Technik Freaks kommen mit Drohnen voll auf Ihre Kosten. Was kann die Ryze Tello in diesem Bereich bieten?
Technik Praxis-Check
Besonders viele Features bietet die Tello nicht (mal abgesehen von den Infrarot Sensoren). Klar, kann sie bei diesem günstigen Preis auch gar nicht. Flurouten sollen zwar programmierbar sein, aber nach unseren Recherchen ist das eher Frust als Lust. Aufgrund der bereits erwähnten verzögerten Steuerung per Smartphone sind Virtual Reality Flüge auf Dauer nicht empfehlenswert. Wir machen es kurz: Für Technik Freaks können wir die Tello Drohne auch nicht empfehlen.
Mögliche Erweiterungen und Zubehör für die Ryze Tello
Wer den Artikel aufmerksam gelesen hat, wird feststellen, dass man die Tello mit allerlei Zubehör upgraden kann. Zusätzliche Akku-Packs verlängern die Flugzeit. Ein Bluetooth Remote Controller erlaubt präzisere Steuerungen. Eine VR-Brille ermöglicht virtuelle Rundflüge.
All dieses Zubehör verursacht zusätzliche Kosten. Ein Bluetooth Controller kostet zwischen 30€ und 40€ . Ein zusätzlicher Akku-Pack mit Ladegerät kostet 20-30€. Einen neuen Satz Probellerschutz bekommt man für knapp 10€. Geeignete VR-Brillen für die Tello sind zwischen 10€ und 50€ zu haben. Man sieht, schnell hat sich der ursprüngliche Preis der Tello verdoppelt! Dabei ist doch gerade der günstige Preis das entscheidende Kaufargument.
Warum ist dann fast jeder Ryze Tello Test positiv?
Wir haben einige negative Aspekte zusammengetragen, die gegen den Kauf der Ryze Tello sprechen. Dabei versteht sich dieser Artikel ganz bewusst als Gegenargument zu den vielen positiven Testberichten im Internet.
Online Testberichte haben sehr oft folgenden Zweck: Sie sollen dem Leser ein Produkt empfehlen, das er dann im besten Fall kauft. Vielleicht wird auch von einem Produkt abgeraten und stattdessen ein anderes empfohlen. Am Ende steht aber immer eine Kaufempfehlung. Dann werden die Redakteure der Testberichte z.B. über Affiliate-Programme provisioniert. Und hier kommt der entscheidende Punkt. In der Preisklasse von rund 100€, die aktuell für die Ryze Tello aufgerufen werden, bekommt man tatsächlich kaum etwas Besseres. In Ermangelung von Alternativen schließt dann jeder Testbericht mit dem Fazit: „Kauf die Ryze Tello Drohen, denn sie hat ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis“.
Wir haben in diesem Test aber einen anderen Ansatz. Wir gehen vom Nutzer und Einsatzzweck aus. Denn was nützt ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, wenn die Leistung im Grunde für keinen Einsatzzweck wirklich ausreicht? Und leider müssen wir feststellen, die Ryze Tello ist weder etwas für Hobbyfotografen, noch für private Filmemacher. Sie ist auch nicht als Spielzeug oder als raffiniertes Technik Gadget wirklich geeignet.
Abschließende Gedanken
Können wir also gar nichts Positives dazu sagen? Doch natürlich! 🙂
Wer in die Welt der Drohnen einsteigen möchte, nur ein Budget von rund 100€ bis 150€ einsetzen will und keine großen Ansprüche hat kann sich an dem kleinen Fluggerät + zweitem Akku-Pack sicherlich eine Zeit lang freuen. Auch Kinder können sich für die Ryze Tello begeistern. Und falls sich in einem ungeschickten Moment tatsächlich verloren geht, ist nicht viel verloren.
Wer etwas mehr erwartet, sollte lieber auf eine hochwertigere Drohne sparen oder noch eine Weile warten. Wer weiß, vielleicht gibt es in der Preisklasse der Ryze Tello irgendwann einmal eine Drohne die mehr kann? Und vielleicht heißt diese Drohne dann Tello 2 by Ryze Robotics…
